Im Hinblick auf die aktuellen Anschläge im Irak sollten wir zum besseren Verständnis einen Rückblick auf einen Anschlag werfen, der einen Wendepunkt in der Gewalteskalation zwischen Schiiten und Sunniten darstellte. Am 22.Februar 2006 wurde ein Anschlag auf die für Schiiten heilige "Goldene Moschee" in Samarra verübt, durch den die goldene Kuppel des Gebäudes einstürzte.
Goldene Moschee: vorher und nachher
Der Anschlag führte zu Racheaktionen gegen sunnitische Moscheen und Geistliche, welche sich beinahe bis zu einem offenen Bürgerkrieg ausgeweitet hätten. Der Irak-Experte Joachim Guilliard schrieb ausführlich über die Hintergründe des Anschlags in der 'Jungen Welt' am 3.3.2006, woher auch die folgenden Zitate stammen.
Überraschend für viele Beobachter war schon die Schnelligkeit gewesen, mit der sie begannen. Es scheint, als hätten die Akteure nur auf ihren Einsatz gewartet, meinte die international bekannt gewordene irakische Bloggerin »Riverbend«. Keiner der vielen bewaffneten Angriffe auf sunnitische Moscheen, so der irakische Politologe Sami Ramadani im britischen Guardian vom 24. Februar, machte den Eindruck eines spontanen Protests. Die Berichte darüber deuten vielmehr darauf hin, daß sie meist von vermummten Bewaffneten initiiert worden waren. (...)
Im Westen hielt man sich nicht lange mit Nachforschungen auf, paßte der Anschlag und die folgenden brutalen Racheaktionen doch gut in das seit langem gepflegte Bild von einer tiefen Feindschaft zwischen den Konfessionen.
Doch die Moschee war bei Sunniten hoch geschätzt und wurde auch von diesen häufig besucht. Gemeinsam mit Schiiten halfen sie bei ihrem Wiederaufbau. Während in westlichen Medien der einflussreiche schiitische Gelehrte Muqtada al-Sadr und seine Mahdi-Armee für die Racheaktionen gegen sunnitische Einrichtungen verantwortlich gemacht wurde, bezog dieser tatsächlich eine ganz andere Position. Er befahl seiner Mahdi-Armee, die heiligen Einrichtungen der Sunniten zu schützen und rief zusammen mit anderen führenden sunnitischen wie schiitischen Gelehrten zu friedlichen, gemeinsamen Demonstrationen gegen die amerikanische Besatzung auf. Tatsächlich kam es in verschiedenen Städten daraufhin zu Großdemonstrationen Hunderttausender.
Ihr Zorn richtete sich eindeutig gegen die Besatzer, die sie direkt oder indirekt für die Bomben verantwortlich machten: »Kalla, kalla Amrica, kalla kalla lill-irhab« - »Nein zu Amerika, nein zum Terrorismus«, hieß die Parole, die Schiiten und Sunniten einte.(...)
Die Mehrheit der Demonstranten brachte diese Morde mit den vielfältigen Gerüchten über Todesschwadrone in Verbindung und machte die USA und die mit ihnen verbündeten irakischen Regierungsparteien für die Gewaltwelle verantwortlich.
Nicht grundlos: Wie beispielsweise die Londoner Times erfuhr, konnten die schwerbewaffneten Kämpfer nach einem Angriff auf die sunnitische Al-Quds-Moschee unbehelligt wieder in ihre Autos klettern und unter dem Beifall der unter US-amerikanischer Führung stehenden irakischen Nationalgarde davonfahren. Die US-Truppen blieben in ihren Kasernen. Sie wollten nicht durch ihre Präsenz noch mehr Gewalt provozieren, begründeten Sprecher der US-Armee ihre völlige Untätigkeit angesichts bewaffneter Angriffe auf religiöse Einrichtungen und Zivilisten.
Erstaunlich wenig Aufmerksamkeit richten westliche Medien auf die Art und Weise, wie der Anschlag auf die Moschee in Samarra durchgeführt wurde. Überzeugt davon, daß nur sunnitische Terroristen vom Schlage Abu Musab Al Sarkawis, [des damaligen Al-Qaida Füherers in Irak], dahinter stecken können, interessierte sich kaum ein Journalist für die Details.
Die planmäßige Sprengung der goldenen Kuppel paßt jedoch in vieler Hinsicht nicht zu den anderen verheerenden Anschlägen, für die Al Sarkawis Gruppe verantwortlich gemacht wird. Die Sprengladungen waren hier nicht einfach an einem leicht zugänglichen Ort, in einem Auto, Koffer oder ähnlichem versteckt, sondern genau kalkuliert an den vier Hauptsäulen des Mausoleums angebracht worden. Sie wurden sorgfältig in zuvor gebohrte Löcher gesteckt und miteinander sowie mit einer weiteren Ladung direkt unter der Kuppel und einem Fernzünder verbunden. Eine Arbeit, die mit dieser Präzision, so der irakische Bauminister Jassem Mohammed Jaafar, nur von Spezialisten durchgeführt werden konnte. Allein das Bohren der Löcher dürfte dabei vier Stunden in Anspruch genommen haben.
All diese Vorbereitungen geschahen in einer der am besten bewachten Moscheen Iraks, in einer Stadt, in der zwischen acht Uhr abends und sechs Uhr morgens eine strikte Ausgangssperre herrscht. Augenzeugen berichteten von ungewöhnlich starken Aktivitäten der Irakischen Nationalgarde rund um die Moschee. Ihre Fahrzeuge wären die ganze Nacht zu hören gewesen. Auch US-Truppen wurden gesehen. Um sechs Uhr morgens hätten die irakischen Soldaten das Gebiet verlassen, um 6.30 Uhr folgten die US-Soldaten. Um 6.40 Uhr explodierten die Sprengsätze.
Eine unabhängige Untersuchung, die die Urheberschaft des Anschlags auf die Moschee und die eventuelle Verwicklung irakischer und US-amerikanischer Sicherheitskräfte aufklären könnte, fand nicht statt. Auch Aufklärung durch die "vierte Gewalt" war nicht mehr zu erwarten, nachdem die irakische Journalistin Atwar Bahjat während ihrer Berichterstattung über den Anschlag für den Fernsehsender 'Al-Arabiya' entführt und anschließend ermordet wurde.
Im Juni 2006 präsentierten irakische Behörden dann die Urheber sowohl des Anschlags auf die Moschee, als auch der Ermordung der Journalistin Bahjat. Abu Qudama überlebte als einziger von 16 ausländischen, mutmaßlichen Terroristen die Festnahmeaktion durch irakische Sicherheitskräfte. Er gestand die Taten und sagte aus, dass der Anschlag auf die Moschee unter dem Kommando eines Irakers namens Haytham Badri organisiert wurde.
Rubai [Nationaler Sicherheitsberater] sagte, dass Badri...für den Tod hunderter irkaischer zivilisten und Angehörige der Sicherheistkräfte verantwortlich ist. Badri hatte Verbindungen zu Saddam Husseins gestürztem Regime, sagte Rubaie, und zur 'Ansar al Islam', eine im Norden ansässige kurdisch-islamistische Gruppe von Extremisten, bevor er sich der von Abu Musab Zarqawi geführten Al-Qaida in Irak anschloss. (Quelle)
Zu Al-Qaida Führer Zarqawi später noch mehr. Interessant ist, dass 'Ansar al Islam' in der berühmt berüchtigten Präsentation des damaligen Außenministers Colin Powell im Februar 2003 vor der UN - neben der Existenz von Massenvernichtungswaffen - als Begründung für einen Angriff auf Irak herhalten musste. Powell präsentierte auch ein Bild, dass angeblich ein Ausbildungslager der Al-Qaida-Gruppe Ansar al Islam zeigte. Nur befand sich dieses Lager im nördlichen Teil Iraks, der nicht unter Kontrolle der irakischen Regierung stand. Faktisch stand dieses Gebiet unter der Kontrolle des Westens vermittels der kurdischen Statthalter Talabani und Barzani. Für das irakische Militär war dieses Gebiet unerreichbar, denn es lag in der UN-Flugverbotszone. Aber die USA hätten jederzeit das Lager angreifen können. Aber sie wollten nicht. Der kanadische Professor Michael Chossudovsky schrieb damals:
Nord-Irak ist praktische ein US-Protekorat. US-Militär und Geheimdienste, die in der kurdischen Region stationiert sind, stellen sich blind gegenüber dem Zustrom an Al-Qaida Kämpfern aus Afghanistan und den verschiedenen terroristischen Aktionen, die in der kurdischen Region begangen werden. Laut einem Bericht können sich Al-Qaida Angehörige, die den Transfer von Leuten, Geldern und Ausrüstung für Ansar al-Islam koordinieren, in der [regionalen] Hauptstadt frei bewegen" (Midland Independent, 6.Februar 2003). Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Ansar al-Islam durch dieselben verdeckten US-Geheimdienst-kanäle unterstützt, wie andere Al-Qaida-Organisationen in Zentralasien und im Mittleren Osten.
Angebliches Ansar al-Islam Lager in Nordirak
Und während Colin Powell Irak mit Krieg drohte, weil die irakische Regierung nichts gegen Ansar al-Islam unternehme, genoss deren Anführer Mullah Krekar im NATO-Land Norwegen politisches Asyl. 2007 schrieb die 'New York Times', dass amerikanische Geheimdienste scheinbar nur geringes Interesse an ihm haben.
Am 13.Juni 2007 gab es einen zweiten Anschlag auf die Goldene Moschee in Samarra. Nun sprach man selbst auf CNN von einem "Inside-Job", allerdings standen nicht die US-Besatzer im Verdacht, sondern deren irakische Marionettenregierung.
Danke für diese umfassende Zusammenfassung. Es ist schon unfaßbar, was uns unsere Medien auftischen ... Um so wichtiger sind Analysen wie diese.
AntwortenLöschenGruß
Zapperlot
Das ist die Wahrheit nur leider weiß keiner davon die menschen werden von den medien verarscht
AntwortenLöschenUSA,ENGLAND,DEUTSCHLAND,FRANKREICH,ISRAEL,GROSSBRITANIEN = WAHREN TERRORISTEN
AntwortenLöschenund nicht wir menschen aus dem mitteleren osten asien !!!!! wir sind die menschen die hoffentlich bald unsre region gemeinsam friedlich regieren werden, wenn alles besatzer vertrieben sind !
wieviele Zivilisten sind im Irak gestorben?
AntwortenLöschenich sage 100.000 (das ist laut IBC und ICCC eine realistische Zahl- lieber wären mir weniger - am liebsten kein einziger Zivilist)
was sagen Sie? 1000.000? oder darf es ein bisschen mehr sein?
wer hat also ein Interesse an einer möglichst niedrigen und wer an einer möglichst hohen Opferzahl, Sie Oberheuchler?
Ihnen wäre kein Zivilist am liebsten? Schön, da haben wir ja etwas gemeinsam. Ich nehme übrigens nicht an, dass diejenigen, die das ganze Land mit Uranmunition radioaktiv verstrahlt haben, ein Interesse an einer möglichst niedrigen Opferzahl haben.
AntwortenLöschenIm Übrigen kommt die auf zuverlässigen Kriterien basierende Studie des Opinion Research Business (ORB)auf ca. 1 Million Tote Iraker, Stand Anfang 2008.
http://www.opinion.co.uk/Newsroom_details.aspx?NewsId=88
Eine andere Studie kam 2006 auf 650.000 Tote.
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2006/10/10/AR2006101001442_pf.html
Heuchelei ist es wohl eher, wenn man aus politischen Absichten und Interessen - in diesem Fall Krieg und Besatzung schön zu reden - das Ausmaß eines Verbrechens leugnet und anderen dazu noch unterstellt, sie hätten ein Interesse an möglichst vielen Toten.