Sonntag, 4. Oktober 2009

Münchener OktoberFESTung und die alles entscheidende Frage

Neben einer erhöhten Gefährdungslage aufgrund des Wahlverhaltens der Bundesbürger sorgten auch Anspielungen auf das Münchener Oktoberfest in den jüngsten Al-Qaida Drohvideos für dessen Ausbau zur Festung.


So hat der "Al-Qaida Sprecher" Bekkay Harrach in einem Video vom 18.September gesagt: "Die Zeit ist für Deutschland reif, endlich zu begreifen, dass Afghanistan nicht das 17. Bundesland ist und auch nicht ein Bierzelt, um dort das ganze Jahre Oktoberfest zu feiern." Und in einem weiteren Video, datiert auf den 25.September, wurde während der gegen Deutschland ausgesprochenen Anschlagsdrohungen unter anderen ein Bild des Oktoberfests eingeblendet. Außerdem hat Al-Qaida insbesondere in den zwei Wochen nach der Bundestagswahl mit Anschlägen in Deutschland gedroht.


Um die Sicherheit auf dem Oktoberfest zu gewährleisten, sind 700 Polizisten mitsamt schweren Gerät wie Schützenpanzern vor Ort im Einsatz. Ein dreifacher Sicherheitsring wurde ums Fest gezogen, seit 2001 erstmals wieder eine Flugverbotszone eingerichtet und verdächtige Islamisten für die Dauer des Fests präventiv inhaftiert. Neben bisher schon üblichen Stichprobenkontrollen an den Eingängen sollen nun auch größere Gepäckstücke beim Zugang zu den Bierhallen kontrolliert werden.



Oktoberfest - Kein Durchkommen für Terroristen?


Angesichts der Drohungen, angesichts der bereits von islamistischen Terroristen durchgeführten Terrorakte, wer - außer einem Terrorexperten - könnte da den verschärften polizeilichen Maßnahmen widersprechen, ohne sich den Vorwurf einzuheimsen, im Sinne der Terroristen zu handeln?

Also kann ich die Frage mal in den Raum werfen: Was ist wirklich durch die verschärften Maßnahmen gewonnen, außer vielleicht einem subjektiv gesteigerten Sicherheitsgefühl? Bei einem solchen öffentlichen Großereignis größere Taschen zu kontrollieren ist ja gut und schön. Doch die meisten Selbstmordattentäter kommen nicht mit großen Taschen, sondern z.B. mit einem Sprengstoffgürtel daher. Die Sicherheitsmaßnahmen müssten dem durch Ganzkörper-Abtastung angepasst werden. Eine dem wiederum angepasste Vorgehensweise hat Al-Qaida schon in Form der Schuhbomber-Methode entwickelt. Und selbst wenn sich alle Besucher nackt ausziehen und von den Sicherheitskräften bereitgestellte Kleidung überstreifen müssten, hätte Al-Qaida immer noch die Arschbombe parat. Worauf soll das ganze hinauslaufen?

Tatsächlich läuft es auf nur eine Frage hinaus, die sich Terror-wie Sicherheitsexperten hierzulande nicht (trauen zu) stellen. Al-Qaida war in der Lage im best bewachten Luftraum der Welt vier Flugzeuge zu entführen und drei davon ins Ziel zu bringen. Wobei das dritte Ziel mit dem Pentagon das Herzstück der US-Verteidigung traf, fast eine Stunde nachdem das erste Flugzeug bereits in den Nordturm des WTC einschlug. Wenn das so ist,  wer glaubt dann ernsthaft, man könne Al-Qaida in der Absicht aufhalten, Besuchern des Oktoberfests Leid zuzufügen?
Wenn Al-Qaida tatsächlich über die Kapazitäten verfügt, die ihr nachgesagt werden, dann werden die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen keinen Anschlag auf das Oktoberfest verhindern können. Oder gehen die verantwortlichen Sicherheitskräfte vielleicht davon aus, dass Al-Qaida über solche Kapazitäten tatsächlich gar nicht  verfügt?

Wie auch immer, natürlich muss die Bedrohung durch islamistischen Terror ernst genommen werden. Aber sie muss auch immer ins richtige Verhältnis gesetzt werden. Einerseits ins Verhältnis zu "Al-Qaidas" wirklichen Kapazitäten - und ins Verhältnis zur objektiven Bedrohungssituation für den Einzelnen. Letzteres versuchte Manfred Langer vom Zentralen Psychologischen Dienst der Münchner Polizei in einem Interview mit der SZ:

SZ: Ich habe also ein psychisches Problem, wenn ich jetzt das Oktoberfest meide?
Langer: Sie sollten sich fragen: Vor was hab ich noch Angst? Ist es nicht eine Lebenseinstellung, Angst zu haben? Es sei jedem zugestanden, ängstlich zu sein. Nur, die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bei einem Zugunglück sterben, ist weitaus höher, als jetzt auf der Wiesn einem Anschlag zum Opfer zu fallen.
Es ist lobenswert, dass Herr Langer die Relationen der Bedrohung wieder zurecht rückt. Dennoch muss ich widersprechen, denn angesichts folgender Meldung dürfte das Risiko, auf der Wiesn zu sterben, vielleicht doch höher sein als bei einem Zugunglück das Zeitliche zu segnen:
In der vergangenen Woche waren Oktoberfest-Besucher mehrfach durch tief fliegende Sportflugzeuge in Unruhe versetzt worden. (Quelle)

Panikattacken können tödlich enden. Auch auf dem Oktoberfest.

Zwei Fragen bleiben:  Hätten die vom Intelcenter "geprüften" Al-Qaida Drohvideos nicht diese mediale Aufmerksamkeit erfahren und niemand hätte darüber berichtet, hätte sich dann auch nur ein Oktoberfest-Besucher angesichts tief fliegender Sportflugzeuge unwohl gefühlt?

Und wenn eigentlich harmlose Ereignisse Menschen in Angst und Schrecken versetzen, bekommen dadurch Terroristen nicht erst die Macht, nach der sie streben?

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