Mittwoch, 14. Oktober 2009

Al-Qaida wechselt die Front

Nicht nur die US-Behörden, auch Al-Qaida ist immer wieder für eine Überraschung gut. Schon in der Vergangenheit reibten sich manche verwundert die Augen, als Al-Qaida ausgerechnet den größten Widersacher der USA in Süd-Amerika mit Anschlägen gedroht hat - gemeint ist natürlich Venezuela.
Iran, ein weiterer großer Widersacher der USA und Israels, geriet auch immer wieder in das Visier von Al-Qaida. Wie 'TIME' berichtete, will sich Al-Qaida jetzt auf China einschießen. Warum Al-Qaida sich ausgerechnet mit den Staaten anlegt, die den Hegemonie-Bestrebungen der USA, dem vermeintlich großen Satan,  im Wege stehen, bleibt ihr Geheimnis. Aber vielleicht ist Al-Qaida auch nur ein Werkzeug dieser Hegemonie-Bestrebungen? In den Fällen Iran und China spricht einiges dafür.
Schauen wir zuerst nach Iran. Regelrecht empört zeigte sich Al-Qaida angesichts einer wachsenden Anzahl von Verschwörungstheorien, die die offizielle Version des 11.September in Frage stellen. Als auch aus dem Kreis der iranischen Regierung Zweifel an der offiziellen Darstellung des 11.September geäußert wurden, schritt Al-Qaida-Vize Al-Zawahiri ein. Lächerliche Verschwörungstheorien seien das, sagte er und befand sich damit auf einer Linie mit der US-Regierung. Und verkündete zugleich selbst eine Verschwörungstheorie, wonach das iranische Regime hinter den 9/11-Verschwörungstheorien stecke. Das war großes Kino.



Al-Zawahiri - natürlich nur echt mit dem IntelCenter-Logo


Persische Freiheitskämpfer nach Pentagon-Art

Aber nicht vor Zawahiri und seiner "Al-Qaida" muss man sich in Iran fürchten, sondern vor einer anderen Terrortruppe. Gemeint ist die in Pakistan beheimatete "Jundullah" ("Soldaten Gottes"). Diese wird zwar auch zuweilen unter dem Begriff  "Al-Qaida" subsumiert, doch dahinter steht nicht Al-Zawahiri, sondern die Regierung der USA. Einen Tag vor der iranischen Präsidentschaftswahl im Juni 2009 vermeldete 'German-Foreign-Policy':
Mit Hilfe iranischer Autonomie- und Sezessionsaktivisten erhöht Berlin den Druck auf Teheran. Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung kündigt für die kommende Woche eine Tagung zur "Nationalitätenfrage" im "Vielvölkerstaat" Iran an. Als Referenten werden mehrere Befürworter einer weit reichenden Schwächung der iranischen Zentralregierung angekündigt. Schon vor Jahren haben Fachleute darauf hingewiesen, dass trotz der "nicht hinnehmbaren" Diskriminierung von Minderheiten im Iran "nicht geleugnet werden" könne, dass Autonomie- und Sezessionskonflikte "durch Außenmächte zur Schwächung der Zentralregierung geschürt werden". Ein Professor an der Universität der Bundeswehr hat explizit geheimdienstliche Maßnahmen zum Schüren von Minderheitenkonflikten gefordert - als "Destabilisierungshebel" gegenüber Teheran.

Die Naumann-Stiftung geriet jüngst in das Licht der Öffentlichkeit, weil sie die Putschisten in Honduras unterstützt. Einige der geheimdienstlichen Hebel, die Iran destabilisieren sollen, sind bereits seit längerem bekannt. So titelte die 'BILD' am 18.8.2008': "Bush baut Spionagearbeit gegen den Iran massiv aus". Weiter heißt es: 
Die Drohungen des irren iranischen Diktators Mahmud Ahmadinedschad zeigen offenbar Wirkung: Die USA sollen ihre Geheimdienstaktivitäten gegen das Iran-Regime massiv ausgebaut haben. (…) Mit bis zu 400 Millionen Dollar solle der Geheimdienst CIA das Atomprogramm Irans schwächen und Oppositionsgruppen finanziell unterstützen. Das Ziel: Die Führung Teherans zu untergraben. Denn der Iran wird immer gefährlicher. So hatte Teheran für den Fall eines israelischen Angriffs auf iranische Atomanlagen erneut mit einem Gegenschlag gedroht.

Von diesen 400 Mio.$, welche wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs darstellen, werden konsequenterweise auch terroristische Gruppen in Iran finanziert:

Die Aktionen umfassen Entführungen, Attentate auf „hochwertige Ziele“ und die Unterstützung sunnitischer Dissidentengruppen wie Ahwazi Arab und Baluchi im Süden des Iran. Laut dem Bericht Hershs sind häufig weder das Pentagon noch der Kongress über die von Präsident Bush autorisierten Operationen im Bilde, für die das US-Parlament 400 Millionen Dollar bereitstellte. (Quelle)

Neben der 'MEK', besser bekannt als Volksmodjahedin, wird, wie bereits 2007 'The Sunday Telegraph' enthüllte, auch die Terrortruppe Jundullah mit Geld und Waffen unterstützt. Die Jundullah hat ihre Stützpunkte in Pakistan und fällt von dort aus in Iran ein, um terroristische Aktionen durchzuführen.


Während die USA ständig ihre militärischen Aktionen in Pakistan ausweiten, um dort Al-Qaida zu bekämpfen, statten sie Al-Qaida-Gruppen in Pakistan mit Geld und Waffen aus. Was wenige wissen: nirgendwo auf der Welt ist China so beliebt wie in Pakistan. Pakistan ist der engste außenpolitische Verbündete Chinas und das einzige Land, mit dem es eine "strategische Partnerschaft" pflegt. Pakistan liegt in der Nähe sämtlicher wichtiger Ölrouten des Arabischen Meers vom Persischen Golf nach China. Dass China einer der größten geopolitischen Rivalen der USA ist, dürfte ein wesentlicher Grund sein, warum Obama gegenwärtig den Krieg von Afghanistan auf Pakistan ausweiten will.


Wie vom Pentagon gewünscht, kam es dann auch im Vorfeld der Wahlen in Iran zu terroristischen Operationen. Am 28. Mai erschütterte eine Bombenexplosion die voll besetzte Amir-al-Momenin-Moschee in der Provinzhauptstadt Zahedan. Nach offiziellen Angaben starben bei der Explosion 25 Menschen; rund 120 wurden verletzt. Laut dem saudischen Sender 'Al-Arabija' hatte sich Jundullah zu dem Verbrechen bekannt und kündigte weitere Anschläge noch vor der Wahl an.


Hat ausgepackt: Abdolhamid Rigi

Irans Regierung warf den USA vor, die Attentäter angestiftet zu haben, was Washington strikt zurückwies. Doch dann kam es anders: Am 10. Juni erklärte Abdolhamid Rigi, Bruder von Abdolmalek Rigi, dass sich sein Bruder seit 2005 wiederholt mit Agenten von FBI und CIA im pakistanischen Islamabad und Karachi getroffen habe. Einmal sei auch er mit dabei gewesen. Der 24jährige Abdolmalek Rigi gilt als Anführer der Jundullah und ist einer der meistgesuchten Männer Irans.

In einem  Artikel des Fernsehsenders 'ABC' heißt es:
Eine militante pakistanische Gruppe, die verantwortlich ist für eine Reihe tödlicher Überfälle in Iran, wurde insgeheim seit 2005 von US-Offiziellen ermutigt und beraten.
Zu den von Washington ermutigten Tätigkeiten der Jundullah gehören beispielsweise die Entführung und anschließende Exekution von iranischen Offiziellen vor laufender Kamera. Die Organisation bekannte sich bislang zur Ermordung von 16 iranischen Polizei-Offizieren im Jahre 2008, neun Sicherheitskräften im Jahre 2005, sowie elf weiteren Personen im Jahre 2007.

Nur drei Tage nach dem Attentat in Zahedan wurde ein Sprengsatz in der Toilette einer mit 131 Passagieren besetzten Maschine der Fluggesellschaft 'Kish Air' entdeckt. Die Bombe wurde am Flughafen entschärft, nachdem das Flugzeug nach dem Start zurückkehrte.


Weitere Anschläge erschütterten den Wahlkampf in der iranischen Provinz Sistan-Baluchistan, wo die Jundullah hauptsächlich agiert. So wurde am 1. Juni 2009 ein Brandanschlag auf eine Bank verübt, bei dem fünf Menschen starben. 

Wer nur deutsche Medien konsumiert, der wird kaum einen Zusammenhang dieser Terror-Serie mit US-Amerikanischen Dienststellen herstellen können. Denn dieser wird geleugnet, indem er teilweise eingestanden wird. So erwiderte 'Die Zeit' gegenüber Vorwürfen iranischer Seite, diese Anschläge seien im Auftrag der USA durchgeführt worden:
Die Widerstandsgruppen in Iran wurden bis vor wenigen Jahren tatsächlich von den USA unterstützt – radikale Belutschen sollen im regelmäßigen Kontakt mit amerikanischen Geheimdienstagenten gestanden haben. Mit dem Krieg gegen den Terror 2001 stellte die USA aber die Unterstützung ein. Die radikalen sunnitischen Gruppen die im Dreiländereck für Autonomie für Belutschistan und gegen Schiiten kämpfen, gelten heute als anti-amerikanisch. (Quelle)
China unter Druck

Auch in China versuchen westliche Geheimdienste und Stiftungen mittels islamistischer Extremisten den Staat zu destabilisieren. Besonders konzentriert man sich hierbei auf  die west-chinesische Provinz Xinjiang, in der die turkmenisch-muslimische Minderheit der Uiguren lebt. Höhepunkt dieser Politik waren Unruhen im Juli diesen Jahres, die zu ca. 200 Toten führten.

Nun hat sich Al-Qaida in die Destabilisierungsfront eingereiht:
Am 7.Oktober verfasste ein hochrangiger Al-Qaida Führer einen Aufruf an die islamische Welt, eine große Nation von Ungläubigen zu bekämpfen. In einem im Internet verbreiteten Video, verurteilte Abu Yaha al-  Libi diese Supermacht für ihre "Ungerechtigkeit und Unterdrückung" gegenüber Muslimen.

Er ermahnte seine muslimischen Glaubensbrüder aufzubegehren und die militanten Uiguren zu unterstützen. Laut einigen Beobachtern sei dies ein Anzeichen dafür, dass eine neue Arena in Al-Qaidas Projekt des globalen Dschihad eröffnet ist. "Die Bedrohung für China durch Terrorismus ist sehr real", sagt Rohan Gunaratna, ein Terrorexperte in Singapures 'S. Rajaratnam School of International Studies'. (Quelle)
Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass "Al -Qaida im Islamischen Maghreb" ein den geopolitischen Interessen der USA dienliches Konstrukt der Geheimdienste ist, ist auch folgende Passage des Artikels sehr interessant:
Gewalttätige Proteste gegen eine Enklave chinesischer Arbeiter in Algier - denen verübelt wird, den Ortsansässigen die Jobs weg zu nehmen und sich taktlos gegenüber den muslimischen Kunden zu verhalten - erschütterten die algerische Hauptstadt im August. Vor den Protesten rief ein Kommandeur von "Al-Qaida im Islamischen Maghreb", einem nordafrikanischen Ableger der Terrororganisation, in einem Dekret dazu auf, Attacken auf Chinesen in der Region als Rache für Chinas harte Behandlung der Uiguren auszuüben. "Die Al-Qaida Führung baut eine Ideologie auf, in der China als der Feind der Muslime porträtiert wird", sagte Gunaratna.
Nicht nur bei Al-Qaida, auch in der westlichen Politik sorgt man sich um die Uiguren. 'German-Foreign-Policy' berichtete im Oktober 2007:
Berliner Außenpolitiker führen Gespräche mit einer chinesischen Separatistin und erhöhen den politischen Druck auf Beijing. Wie der "Weltkongress der Uiguren" (Sitz: München) mitteilt, wird seine Präsidentin Rebiya Kadeer unter anderem im Auswärtigen Amt empfangen. Rebiya Kadeers Auftritt in der deutschen Hauptstadt ist publizistisch sorgfältig vorbereitet und geschieht in Übereinstimmung mit Maßnahmen der USA. Kurz nach dem Besuch des Dalai Lama im Kanzleramt intensiviert Berlin damit die Sezessionsoffensive gegen Beijing. Beziehungen deutscher Stellen zu uigurischen Exilpolitikern bestehen seit Jahrzehnten - geheimdienstliche Milieus inklusive. (...)
Die aktuellen transatlantischen Aktivitäten zur Stärkung des anti-chinesischen Separatismus und zur Schwächung Beijings gründen auf jahrzehntelanger deutsch-US-amerikanischer Kooperation. Zu den Protagonisten gehört der Exil-Uigure Erkin Alptekin. Sein Vater, Isa Yusuf Alptekin, hatte bereits in den 1930er Jahren der westchinesischen Sezessionsbewegung angehört und von 1933 bis 1934 als Generalsekretär eine Provisorische Regierung der "Türkisch-Islamischen Republik Ost-Turkestan" geleitet. Als "Ost-Turkestan" bezeichnen die Uiguren ihre Wohngebiete in der Volksrepublik China noch heute, weil sie sich als ethnische Abkömmlinge türkischer Vorfahren begreifen; manche streben einen pan-türkischen Zusammenschluss mit Teilen Zentralasiens sowie der Türkei an. Erkin Alptekin, dessen Familie in uigurischen Kreisen hohe Anerkennung genießt, ließ sich nach seinem Studium in Istanbul im Jahr 1971 in München nieder. Dort beriet er als "Senior Policy Advisor" den Direktor des US-Senders Radio Liberty.(...)

Bereits damals begann der US-Geheimdienst CIA mit dem Aufbau von Kontakten zu sezessionswilligen Uiguren. "Einige von ihnen wie Erkin Alptekin, die für den Münchner CIA-Sender Radio Liberty gearbeitet hatten", schreibt der Analytiker B. Raman, ehemals Kabinettssekretär der indischen Regierung, "befinden sich inzwischen in der vordersten Reihe der Sezessionsbewegung". Alptekin gründete 1991 in München die "Eastern Turkestan Union in Europe" und rief im April 2004 - ebenfalls in München - den "World Uyghur Congress" ins Leben, dessen Gründungspräsident er wurde. Die Organisation steuert aus Deutschland zahlreiche uigurische Exilvereinigungen weltweit; ihr gehören Zusammenschlüsse an, die nach Auskunft der chinesischen Regierung dem terroristischen Milieu zuzurechnen sind. (Quelle)
CIA und Bin Laden: Zusammenarbeit bis 9/11

Nicht nur nach Auskunft der chinesischen Regierung gibt es eine Zusammenarbeit westlicher Dienste mit terroristischen Uiguren. So sagte der renommierte US-Journalist und Experte für den Mittlerern Osten Eric Margolis in einem Interview:
EM: Und schließlich gab es eine Gruppe von uigurisch - chinesichen Muslimen aus der Xinjiang-Provinz in West-China, die von Bind Laden trainiert wurden um die kommunistischen Chinesen in Xianjiang zu bekämpfen. Und das geschah nicht nur mit Wissen der CIA, sondern mit deren Unterstützung, weil man dachte, man könne sie benutzen, falls es zu einem Krieg mit China kommt.
SH: Wann war das? 
EM: Oh, das war 2001.
SH: 2001, mit CIA-Unterstützung, Bin Laden höchstpersönlich, nicht einfach nur ISI-Typen [ISI=Pakistanischer Geheimdienst] oder wer auch immer, sondern Al-Qaida selbst arbeitete mit der CIA und trainierte diese anti-chinesischen Muslime?
EM: Nun, ich würde nicht so weit gehen. Ich würde sagen sie wussten was Bin Laden tat, und sie ermutigten ihn durch Dritte, wahrscheinlich durch die Saudis. (Quelle)

Hat ausgepackt: FBI-Übersetzerin Sibel Edmonds

Dass es eine Zusammenarbeit der CIA mit Bin Laden und Al-Qaida gibt, die mindestens bis zu den Anschlägen des 11.September 2001 andauerte, wird auch bestätigt von der ehemaligen FBI-Übersetzerin Sibel Edmonds, die als die "most-gagged person" der USA gilt.
Diese "engen Beziehungen" zu Bin Laden schlossen auch seinen Einsatz bei "Operationen" in Zentralasien ein, auch in Xinjiang in China. Bei diesen "Operationen" wurden Al-Qaida und die Taliban in der gleichen Weise eingesetzt, "wie wir das während des afghanisch/sowjetischen Konflikts taten", das heißt, sie bekämpften stellvertretend für uns unsere Feinde. (Quelle)
Zu diesem Zeitpunkt war Bin Laden bereits der meistgesuchteste Terrorist der USA. Doch anstatt ihn festzunehmen, arbeiteten US-Amerikanische Dienste weiter mit ihm (indirekt) zusammen. Niemand wurde dafür zur Rechenschaft gezogen. Auch nicht unter der neuen Obama-Regierung. Das verheißt nichts gutes im Hinblick auf die zukünftige Vorgehensweise der USA, wenn es darum geht, die eigenen Interessen durchzusetzen.


1 Kommentar:

  1. Sehr interessant. Die ganze Al-Qaida Geschichte lässt sich nur vor dem Hintergrund geopolitischer Interessen richtig verstehen. Dieser Artikel zeigt das einmal mehr. Cui bono Al-Qaida? Die Antwort auf diese Frage dürfte zu den eigentlichen Al-Qaida-Drahtziehern führen. Der britische Agent Al-Zawahiri ist selbst nur ein Hampelmann.

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